Samstag, 29. September 2012

Woodford, Inflationserwartungen und NGDP Ziele

Michael Woodford hat am 31. August in Jackson Hole einer Zentralbankkonferenz ein Papier mit dem Titel "Methods of Policy Accommodation at the Interest-Rate Lower Bound" vorgestellt. Das Papier ist lang und eher akademisch. Krugman bezeichnet das Papier als "important stuff". Ezra Klein meint es wäre das wichtigste akademische Papier des Jahres. Auch John Cochrane findet an dem Papier Gefallen (aber nicht an den wirtschaftspolitischen Implikationen). Überblicke auf deutsch haben Markus Diem Meier

Im Wesentlichen geht es im Papier um die Geldpolitik der Federal Reserve, die angekündigt hat ihre Letizinsen bis 2014 nahe bei null halten zu wollen.  Und die Wirksamkeit der Maßnahmen, wie das drittes Quantitative Easing Programm (QE3) mit dem Kauf weiterer Staatsanleihen. Im Papier argumentiert Woodford im Wesentlichen, dass diese in der geplanten Form wirkungslos wären, weil die Vergrößerung der Geldmenge unter Kontrolle der Notenbank (Reserven der Banken bei Notenbank und Bargeld) eine sehr geringe Auswirkung auf die umlaufende Geldmenge (z.b. M2) hat. Das bedeutet, dass eine Liquiditätsfalle  besteht. Das traditionelle geldpolitische Instrumentarium von Referenzzinssatzänderungen ist durch die untere Zinsgrenze von 0 nicht weiter verfügbar. Quantitative Lockerung wird hier als Alternative angesehen. Woodford sagt aber, dass Quantitative Lockerung tendenziell wirkungslos ist , wenn die Notenbank nicht die Erwartungen verändert. 

Die Wirkungslosigkeit der Quantitative Lockerung wird von Woodford theoretisch begründet. Ein Kern ist die moderne Theorie der Preise von Wertpapieren (Asset pricing), welche besagt, dass der Preis eines Wertpapiers von den Erträgen der Wertpapiers in der Zukunft abhängt. Wer die Wertpapiere hält oder ob die Zentralbank Wertpapiere kauft ist für den Preis der Wertpapiere irrelevant, denn der zukünftige Ertrag der Wertpapiere ist davon unabhängig. Um es ein wenig abstrakter darzustellen (James Hamilton):

Donnerstag, 27. September 2012

Bankenretten ist kein gutes Geschäft

In der Presse schreibt Christian Höller über einen Rechnungshofbericht, der vermuten lässt, dass die Bankenrettung in Österreich für den Staat doch nicht ein gutes Geschäft war:
Einem am Mittwoch veröffentlichen Bericht des Rechnungshofs zufolge könnte das Bankenpaket den Staat mit bis zu 4,8 Mrd. Euro belasten. Es ist das erste Mal, dass eine staatliche Stelle das mögliche Bedrohungspotenzial aus den Unterstützungsmaßnahmen für den Finanzsektor beziffert. Bis zur Jahresmitte 2011 lag das Minus laut Rechnungshof bei 680 Mio. Euro. Bei anhaltend schwierigen Rahmenbedingungen könnten weitere Belastungen hinzukommen, schreiben die Kontrolleure. Dies ist bereits eingetreten. Nach Angaben des Wirtschaftsforschungsinstitut vergrößerte sich das Minus bis Jahresmitte 2012 auf 2,355 Mrd. Euro.
Und das dürfte längst nicht alles sein. Anfang September ergab eine Sonderprüfung der Nationalbank, dass die Hypo Alpe Adria einen weiteren Zuschuss von 2,2 Mrd. Euro benötigt. Auch bei der maroden KA Finanz, der „Bad Bank“ der Kommunalkredit, gibt es Gerüchte über einen weiteren Kapitalbedarf von hunderten Millionen. Das wird vom Vorstand des Instituts jedoch bestritten. Rechnet man alle derzeit diskutierten Maßnahmen zusammen, ist die vom Rechnungshof angegebene Belastungsgrenze von 4,8 Mrd. Euro bald erreicht.
Bisher 2,3 Mrd. bis zu 4,8 Mrd. soll es kosten. Das heisst aber auch das Geld war notwendig, sonst wären die Banken bereits 2009 baden gegangen. Laut Rechnungshofbericht soll zukünftig aber eine "Verstaatlichung"  angedacht werden:

Mittwoch, 26. September 2012

Unterschiede in der Diskussion um die Eurokrise und Folgen ....



Im Blog der FTD Deutschland wurde ein sehr interessantes Papier zu den Unterschieden der Euro-Diskussion in Deutschland und der internationalen Diskussion angesprochen. Das Argument ist, dass die deutschen Ökonomen die wahren Ursachen der Krise verkennen würden:

Die deutsche Debatte um die Euro-Krise unterscheidet sich massiv von der internationalen Diskussion. Weil bei der Deutung namhafter deutscher Ökonomen und Notenbanker die wahren Ursachen der Krise verkannt würden, laufen viele Vorstöße Gefahr, kontraproduktiv zu wirken und die Bemühungen in den kriselnden Euro-Ländern zu konterkarieren, schreibt der Münchner Ökonom Gerhard Illing.
Beispielhaft sei die Debatte um die Risiken von Target 2: Dabei seien die Ungleichgewichte im Euro-Zahlungssystem nur das Symptom des fortschreitenden Vertrauensverlusts in den Zusammenhalt der Euro-Zone. Damit ergebe sich „die paradoxe Situation, dass sowohl die Höhe des Risikos als auch dessen Eintrittswahrscheinlichkeit umso stärker steigt, je mehr in der öffentlichen Debatte in Deutschland Zweifel am Fortbestand des Euro gestreut werden“. Erschienen ist der Aufsatz im “Leviathan“  und wurde uns vom Nomos Verlag zur Verfügung gestellt.
Hier ist der Link zum Beitrag von Illing, Jauch und Zabel auf FTD: Die Diskussion um den Euro – Endogene Risiken und multiple Gleichgewichte.


Auf VOX-EU schreibt Rama in einem Beitrag, in dem er die europäische Krise mit der asiatischen Krise ende der neunziger Jahre in Zusammenhang bringt, dass ein Verkennen der Ursachen gefährlich sein kann:
An important lesson to Europe from of the Asian financial crisis of 1997/1998 is that in managing a crisis it is critically important to distinguish between the symptoms/triggers and the root causes, and to focus on the latter rather than the former. Otherwise the patient may be given the wrong medicine, which could worsen the disease.
Und Rama ist ein bisschen skeptisch, ob nicht alles schon zu spät wäre.

Dienstag, 25. September 2012

Staatsschulden reloaded

Josef Urschitz schreibt in der Presse, dass die finanzielle Zukunft schon verbraten sei. Seine Lektüre des Bundesrechnungsabschlusses 2011 des Rechnungshofs zeigt, dass die Verpflichtungen des Bundes, die für die Zukunft festgesetzt wurden im Jahr 2011 um 47,4 % gestiegen:

Anders gesagt, das ist jener Betrag, um den die Staatsschulden in den kommenden Jahren selbst dann steigen werden, wenn der Bund ansonsten das Wunder eines ausgeglichenen Budgets zustande bringt. Eine Art Mindestschuldensteigerung sozusagen.
Diese Position ist 2011, bitte anschnallen, von 105,9 auf 156 Mrd. Euro angestiegen. Ein Plus von 47,4 Prozent in einem Jahr. Fesch!
Überwiegend deshalb, weil die Position „Eisenbahn-Infrastruktur“ innerhalb eines Jahres von von 2,6 auf 43,4 (!) Mrd. Euro hochgeschnalzt ist. Der Rechnungshof schreibt hier in die Spalte „prozentuelle Steigerung“ verschämt „k. A.“. Da ist wohl der Taschenrechner durchgebrannt. Wir helfen nach: Es sind knapp über 1500 Prozent.
Das ist der Koralmtunnel und weitere Infrastrukurmaßnahmen. Wenn die Investitionen Sinn machen würden, dann wäre wenig dagegen zu sagen. Einen Tunnel gräbt man nicht in einem Jahr.

Im Kontext von geforderten Sparpaketen (im einstelligen Mrd. Bereich) und mit dem Wissen dass diese Infrastruktur operativ bezuschusst werden muss, ist das aber fast schon unverantwortlich. Denn auf der einen Seite (nicht wirklich) zu sparen um dann mit der anderen Hand Milliarden zukünftiger Steuereinnahmen zu binden, klingt fast schon böse. Insbesondere wenn es noch weitere Baustellen gibt (Pensionen und Krankensystem werden in der Zukunft mehr Geld brauchen und die Bildung wohl auch) werden diese Entscheidungen im Zeitverlauf immer teurer.

Montag, 24. September 2012

Inflationserwartungen oder sind die Märkte deppert?

In einer alten Post habe ich mal über marktbasierte Inflationserwartungen geschrieben:

Marktbasierte Inflationserwartungen können über die Differenz zwischen der Rendite gewöhnlicher Staatspapiere und inflationsindizierter Staatspapiere mit gleiche Laufzeit festgestellt werden. Die Inflationsindizierung erfolgt über den Verbraucherpreisindex.

Weil eine Anleihe inflationsgeschützt ist, die andere nicht, entspricht die Differenz (auch Breakeven genannt) einer impliziten Inflationserwartung der Investoren über dem Zeitraum. Arbitrage und Spekulation sollte zu (in jedem Zeitpunkt) relativ guten Erwartungen führen.
Also wo stehen die Inflationserwartungen für die Eurozone. Als Referenz nehmen wir die deutschen Staatsanleihen, die oft dazu verwendet werden (vgl. 1,2,3,4). Die Inflationserwartungen für in 5 Jahren stehen auf 1.15%, jene für 7 Jahr auf 1.50% und jene für in 10 Jahren auf 1,65%.
Das war im Dezember 2011. Und wo stehen sie heute? Die Inflationserwartungen für in 5 Jahren stehen auf 1.41%, jene für 7 Jahr auf 1.44% und jene für in 10 Jahren auf 1,87%. Wir sehen einen leichten Anstieg, allerdings sind die Inflationserwartungen immer noch gut verankert und deutlich unter 2% oder der gegenwärtigen Inflaitonsrate.

Ich wundre mich ein bisschen warum die Märkte keine große Inflationsgefahren sehen. Dies wird aber immer wieder von jenen argumentiert, die sonst sagen, dass Märkte alles besser können als der Staat. So deppert und kurzfristig können die Märkte aber doch nicht sein.

Samstag, 22. September 2012

Reichensteuern?

Keiner mag Steuern, insbesondere keine, die man selber zahlen muss. Höhere Steuern haben negative Auswirkungen. Abhängig von der Effizienz der staatlichen Leistungserbringung können Steuersenkungen zu größeren oder geringeren Effekten auf das Wachstum führen. Und unterschiedliche Steuern haben unterschiedliche Auswirkungen. Heute geht es vielfach um die Spitzensteuern.

Die Ankündigung von Francois Hollande eine in Frankreich eine "Reichsteuer" Einkommen über 1.000.000 Euro mit einem Spitzensteuersatz von 75% zu versehen hat zu internationaler Resonanz geführt (vgl. Presse). Hat eine solche Steuer negative Auswirkungen und führt sie zu negativen Wachstumsimpulsen?

Der Congressial Research Service hat eine Studie (pdf)veröffentlicht, die sagt klar und deutlich nein. Author
Thomas L. Hungerford fasst zusammen:

The evidence does not suggest necessarily a relationship between tax policy with regard to the top tax rates and the size of the economic pie, but there may be a relationship to how the economic pie is sliced.
Also Spitzensteuersätze haben weniger einen Einfluss auf das Niveau der Wirtschaftsleistung (somit auch Wachstum), sondern vor allem darauf wie die Wirtschaftsleistung über die Menschen verteilt wird. Klingt plausibel, denn Steuerpolitik ist immer Umverteilung. Auch die Umschichtung von Steuern, Steuererhöhungen und auch Steuersenkungen.

Wenn dem wirklich so ist, dann gibt es kaum gute ökonomische Argumente gegen höhere Steuern von Höchstverdienern (top 1% plus minus 1%) und auch nicht für Steuerschlupflöcher in der der Form von niedrigen und uniformen Kapitalertragssteuern (für Personen). Dann können nur mehr ideologische oder moralische Gründe für die Rechtfertigung zunehmender Einkommensungleichheit herhalten.

Bürokratisierung oder bang for the buck

In der Presse ist ein Artikel erschienen in welchem geschrieben wird, dass Experten von einer übermäßigen Bürokratisierung der Forschungsförderung warnen. Aua. Forschung ist ja ein wichtiger Motor des Wirtschaftswachstums. Jetzt soll da auch die Bürokratie Einzug halten.

Aber just wait a second. Da geht es um Steuergelder. Und eigentlich um steuerliche Förderung.
Wie die Presse schreibt:

Donnerstag, 20. September 2012

Misstrauen in Misstrauen in Politiker

Chris Dillow hat einen interessanten Blog zum Thema Misstrauen in die Politik. Er meint, dass man dem Misstrauen in die Politiker misstrauen kann:
Could it be that people's claim to distrust politicians is, to some extent, mere cheap talk? People say what they are expected to say. They want to conform to the bar-room cliches that politicians are all in it for themselves and that they are canny enough to see through their lies. But in fact, this is just talk, and more people behave as if they trust politicians than actually say they do.
Na ja. Ich weiss nicht ob mehr Vertrauen in die Politik haben, als sie zugeben. Ich könnte mir das umgekehrte auch vorstellen. Aber den letzten Satz des lesenswerten Beitrags kann ich jedenfalls unterschreiben:
All I'm saying is that it's not just politicians I distrust. It's the voters as well.

Dienstag, 18. September 2012

ja die mysterien der Geldpolitik

Die Geldpolitik ist ein wirkungsvolles Instrument zur kurzfristigen Stabilisierung von Konjunkturzyklen. In der amerikanischen Diskussion stehen eigentlich konservative Market-Monetarists (vgl. Scott Sumner) für eine expansive Geldpolitik und kritisieren die Federal Reserve, dass sie bisher zuwenig getan habe um die Krise zu bekämpfen. Dabei berufen sie sich auf Milton Friedman, der die Weltwirtschaftskrise auf ein wirtschaftspolitisches Versagen der Geldpolitik (zu restriktiv) zurückführte.

Wie sieht das in Österreich aus. Von Market Monetarists ist wenig zu sehen. Auch ich bin keiner. Aber in den Zeitungen überbieten sich Beiträge, die Geldpolitik mißverstehen. Zunächst interpretiert Andreas Schnauder, die geldpolitischen Interventionen als eine Finanzspritze für das Finanzkapital. Während das für einfachere Gemüter eine plausible Interpretation ist, sollte man doch von einem hauptberuflichen Wirtschaftsjournalisten etwas mehr als reine Umverteilungsdiskussion erwarten. Wenn es nur drum gehen würde, das Finanzkapital zu schützen, wären viele jener die jetzt Maßnahmen der EZB befürworten, gegen diese Maßnahmen. Ich meine z.B. Stephan Schulmeister im aktuellen Falter (keine online Version gefunden). Warum? Weil die Auswirkungen einer restriktiven Geldpolitik und eines Auseinanderbrechens der Eurozone noch viel schlimmer wären. Was hilft mir zu wissen, dass das Finanzkapital einen Schnitt bekommen hat, wenn ich keinen Job mehr habe? Für Österreich wird bei einem Auseinanderfallen der Eurozone eine Verdoppelung der Arbeitslosen erwartet, bei weiterhin lockerer Geldpolitik in der Eurozone ... Diese Zahlen sind nicht sicher. Aber wenn dies mit 50%iger Wahrscheinlichkeit eintritt dann ist das Grund genug einmal nachzudenken und nicht nur an Umverteilung zu denken. Denn ein Anstieg der Arbeitslosigkeit führt auch zu Umverteilung und das eher nicht beim Finanzkapital.


Die Presse beschreibt in Inflation als Preis für die Eurorettung Szenarien, die bekanntere Ökonomen bereits vor einiger Zeit gefordert haben. Allerdings missverstehen sie immer noch den Zusammenhang. Derzeit versucht die EZB die Spreads ein bisschen zu stabilisieren und ersetzt mit ihrer Politik den Interbankenmarkt. Von einem Willen Inflation zu generieren kann bei der EZB derzeit nicht wirklich gesprochen werden. Dass mittlerweile Stimmen in Deutschland erkennen, dass die billigste Variante den Euro zu retten über Inflation läuft, ist begrüßenswert. Strukturelle Anpassungen dauern Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Interne Abwertungen und exzessives Sparen gehen in der Regel schlechter aus als Inflationsepisoden. Griechenland über die Arbeitskosten wettbewerbsfähig zu machen wird nicht gelingen. Der Beitrag in der Presse zeigt auch aber auch, dass die Journalisten dort nicht verstehen, wie Inflation gemessen werden soll: