Dienstag, 23. Oktober 2012

Wenn Geld ein Bubble ist, dann ist der Markt eine Schaumparty

In der Blogoshpere gibt es eine interressante Diskussion zur Frage ob Geld (im Sinn von Fiat Money) eine Blase ist. Noahpinion hat die Diskussion gestarten, weil ihm in einer Post von Stephen Williamson folgendes aufgefallen ist:

What is a bubble? You certainly can't know it's a bubble by just looking at it. You need a model. (i) Write down a model that determines asset prices. (ii) Determine what the actual underlying payoffs are on each asset. (iii) Calculate each asset's "fundamental," which is the expected present value of these underlying payoffs, using the appropriate discount factors. (iv) The difference between the asset's actual price and the fundamental is the bubble. Money, for example, is a pure bubble, as its fundamental is zero. (emphasis Noahpinion)
Die Diskussion ist deswegen interessant, weil alle Beteiligten darüber übereinstimmen, dass Papiergeld (im Sinn von Fiat Money) keinen intrinsischen Wert hat. Geld ist gedrucktes Papier, elektronische Impulse und was auch immer. Bei der Diskussion geht es darum ob Geld eine Blase ist oder nicht. So wie ich die Diskussion lese geht es zum einen mehr um die Definition "Was ist eine Blase" als um die Definition von "Geld". So antwortet zumindest Stephen Willamson. Allerdings ist Geld besonders. Der fundamentale Wert des Geldes ist stofflich null. Wenn man Stephen Williamsons Definition unterschreibt ist Fiat Money eine reine Blase.

Allerdings ist das die richtige Definition von Blase? Ich habe meine Bedenken. Zum einen haben viele wertvolle Konventionen keinen intrinsischen oder fundamentalen Wert. Und Geld ist in letzter Instanz eine gesellschaftliche Konvention.

Die Sprache hat keinen Wert. Das Rechtsfahren auf Straßen hat keinen intrinsischen Wert (ohne Gegenverkehr). Der Wert ergibt sich aus der Kommunikation und der Interaktion. Beim Rechtsfahren kann erwartet werden, dass der Gegenverkehr links kommt. Deshalb haben wir in England Probleme. Zumindest im zweiten Fall gibt es eindeutig einen Wert der Anwendung der Konvention. Die Verhinderung von Unfällen schafft ökonomischen Wert (nicht dass dieser das BIP erhöht, aber das ist eine andere Geschichte). Zum anderen können derartige Blasen ewig bestehen. Ewig bestehende Blasen haben aber mit dem, was gemeinhin als Blase verstanden wird wenig zu tun. Und beinahe alles ist eine Blase, sofern man individualistisch denkt. Der Markt ist in dem Fall in seiner Essenz eine Schaumparty, denn Handel findet nur dann statt, wenn jede der Seiten Vorteile hat, das heisst Blasen existieren. Für den Verkäufer muss gelten:

Preis  größer  Wert

 und für den Kaufer:

Preis  kleiner Wert 

sonst findet kein freier Handel zwischen Individuen statt. Wert nicht subjektiv zu definieren wäre irgendwo absurd. Somit ist der Markt eine ewig andauernde Seifenblasenblasenorgie, die kaum jemals platzen wird.  Ist eine derartige Definition nützlich? Ich befürchte nicht. Wenn alles eine Blase ist, dann hat der Begriff Blase keine analytische Schärfe, sondern schafft mehr Verwirrung als sonst was ....

Krugman definiert Bubbles als irrationales Verhalten:
 I’d start by asking, what do we mean when we talk about bubbles? Basically, I’d argue, we mean that people are basing their decisions on beliefs about the future that are based on recent experience but can’t be fulfilled. E.g., people buy houses because they expect home prices to keep rising at a pace that would eventually leave nobody able to buy a first home...This sounds a lot like what happens in a Ponzi scheme...
Eine deutlich praktischere Definition. Allerdings auch nicht wirklich zufriedenstellen. Dass Blasen nur Ausdruck von Irrationalität sind ist nicht ganz zufriedenstellend.  Es gibt eine ganze Literatur zu rationalen Blasen in der Ökonomie. Mehr zur Diskussion bei uneasy money, Karl Smith und Brad De Long.

Zurück zum Geld. Brad De Long meint:
A toaster has fundamental value because it performs the useful service of making toast. Money has a fundamental value because it performs the useful service of enabling transactions. Money is a substitute for trust. In the absence of money, you can transact only with people with whom (a) you have an (unlikely) double coincidence of wants, or (b) you have an ongoing non-economic relationship that enables you to trust each other to make your credit good. In the presence of money, you can transact with damn near everybody. This increase in the scope of potential market transaction partners is immensely valuable. This is the service flow that money provides. This gives it "fundamental value".
 Geld als Substitution für Vertrauen. Mit Geld kann man mit jemanden Transaktionen durchführen (verkaufen) in dem man kein Vertrauen hat, denn man weiss, dass man ein Dritter das Geld akzeptieren wird. Dies gibt den "fundamentalen Wert" des Geldes. Klingt plausibel: Wertmaßstab und Transaktionshilfe sind der intrinsische Wert des Geldes, der erst durch Interaktion entsteht. Geld das nicht verwendet wird ist wertlos. Damit kann es aber keinen Bubble für Geld geben, im Gegensatz zu märkten für andere Assets (Aktien, Häuser, Gold).

So ähnlich Krugman:

the notion that there must be a “fundamental” source for money’s value, although it’s a right-wing trope, bears a strong family resemblance to the Marxist labor theory of value. In each case what people are missing is that value is an emergent property, not an essence: money, and actually everything, has a market value based on the role it plays in our economy — full stop. 
In der Tat, Geld als absoluten Wertmaßstab zu denken, macht wenig Sinn, wenn der wahre Wert des Geldes liegt der Interaktion liegt. Alles andere sind wohl Sehnsüchte nach Sicherheit, die eine arbeitsteilige Marktwirtschaft nicht geben kann. Absoluter immerwährender Wert ist mit schöpferischer Zerstörung unvereinbar.
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen