Samstag, 11. April 2009

Steuerprogression und Wohlfahrtsstaat

Nach dem Geschwafel über die Mittelschicht und meiner Ambivalenz zur Presse, nun einmal wieder ein bisschen Aufklärung ;-). Österreich gehört zu den Hochsteuerländern, wie die OECD Daten zeigen:

(auf die Grafik klicken zum vergrößern)

Österreich ist am 8ten Platz. Vor Österreicher stehen erwartungsgemäßt die skandinavischen Länder. Interessanterweise ist die durchschnittliche Steuerbelastung in Deutschland niedriger als in Österreich. Wie war das noch mal mit dem Bankgeheimnis? Wie die Homepage der OECD noch zeigt hat sich in Österreich die Steuerbelastung 1995 - 2006 nur leicht positiv verändert, während die Gesamtsteuerbelastung in Deutschland sogar gesunken ist. Es gibt ja noch andere Steuern als Einkommens- und Lohnsteuern, was Fleischhacker und Schellhorn in der Presse manchmal zu vergessen scheinen.
Wie ist nun um die Progressivität der Steuersysteme bestellt. Man liest ja viel darüber. Und wenn mensch alles glauben müsste was er hört, dann müsste Österreich ja ein relativ progressives Steuersystem haben. Nein hat es nicht. Wieder kann auf einen OECD Bericht zurückgegriffen werden, Einkommensverteilung und Ungleichheit in den OECD- Ländern, wo die Verteilungswirkung (Progressivität) der Steuersysteme dargestellt ist. Die am wenigsten progressiven Steuersysteme haben die Schweiz, die skandinavischen Länder und Frankreich. Die progressivsten Steuersysteme finden sich in den USA, Irland, Italien, Australien, UK und Neuseeland. Österreich steckt irgendwo in der Mitte.

(auf die Tabelle klicken zum vergrößern)

Interessanter sind eigentlich die Verhältnisse in Spalten 3 und 6. Beides mal zeigt sich dass Österreich dazwischen liegt, die skandinavischen Länder eine geringere Progression haben und die angelsächsischen Länder eine höhere. Das heisst in den angelsächsischen Ländern zahlen die Reichen relativ mehr als in den Wohlfahrtsstaaten.

Dieses Verhältnis zeigt deutlich, dass der Wohlfahrtsstaat sich vor allem durch nicht-progressive Steuern finanziert: Die Umsatzsteuer ist eine Konsumsteuer und klar proportional zu den Ausgaben bzw. vom Effekt her wird sie manchmal sogar als regressiv eingestuft. Die Sozialabgaben in Österreich regressiv durch die Höchstbemessungsgrundlage. Ähnlich ist es in den anderen Wohlfahrtstaaten. Dagegen ist die Progressivität in jenen Ländern besonders ausgeprägt, in welchen es weniger Wohlfahrtsstaat und geringere Steuerquoten gibt, wie etwa in den USA, wo dafür dann erheblich horizontal umverteilt wird. Im Wohlfahrtsstaat wird vor allem auch intertemporal Umverteilt: Krankenversicherung und Pensionsvorsorge sind staatlich organisiert und haben eine starke intertemporale Wirkung. Staatlich verordnetes Zwangssparen mit zusätzlicher Umverteilung, sozusagen. Wollte man das ökonomisch vergleichen müsste für Länder ohne Zwangskranken- und Pensionsversicherung zumindest ein Teil der privaten Ausgaben in die Betrachtung aufgenommen werden um Gleiches mit Gleichem zu vergleichen.

Ein Treppenwitz zu NEW am Rande: Was für politische Koalitionen ermöglichen den Wohlfahrtsstaat? Antwort: Großkapital und Arbeiterschaft. Die Stiftungen die in Österreich heute kritisiert werden, wurden von der SPÖ nach schwedischen Vorbild eingeführt, die Stiftungen eingeführt haben, damit ihre Industriellen im Angesicht der damaligen Spitzensteuersätze im Lande bleiben.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen